Frischküche 

Doch wie definiert sich überhaupt “Frische“ und wie frisch ist 

frisch am Ende wirklich?











Fangfrisch, Erntefrisch, Saisonfrisch, Knackfrisch, Frisch vom Markt, …aus dem Garten, Frisch aus dem Ofen, …aus der Pfanne, … vom Grill und alles natürlich dann “frisch auf den Tisch“. Was bedeutet Frischküche im Care-Bereich?


Wir Deutschen lieben es einfach frisch!!

Doch ist solcherlei Frische auch Spiegel und Anspruch in Sachen unserer Verpflegung in Einrichtungen der Gemeinschafts- und Sozialverpflegung, oder gehen wir hier nicht inzwischen doch ganz andere Wege? Ist der Blick und unser Verständnis auf Frische heutzutage überhaupt noch richtig, oder ist es evtl. nur ein Trugbild? Versuchen wir Licht in die Sache zu bringen.

Industriell gefertigte Lebensmittel, “Convenienceprodukte“ aller Art und Herstellungsweise sind Produkte die heute aus Küchen der Gemeinschafts- und Sozialverpflegung weder wegzudenken noch zu ersetzen sind. Zu den einst ursprünglichen Kategorien von “küchen- und zubereitungsfertigen Produkten, sind inzwischen längst “regenerier-, servier- und verzehrfertige Produkte“ hinzugekommen. “High-Convenienceprodukte“ haben inzwischen ihren Siegeszug unaufhaltsam angetreten, gewinnen Jahr um Jahr zunehmend an Marktanteilen. Folglich tritt in GV-Küchen das eigentliche Kochen, als Kunst von Köchen/Innen für die Zubereitung von Speisen, angesichts der Verwendung solcher bis in höchste Grade vorgefertigte Produkte, inzwischen vermehrt in den Hintergrund.

Eigenfertigung (was mache ich selbst und in welcher Tiefe?) und Conveniencegrad (was kaufe ich wie vorgefertigt ein?) sind jeweils eine Seite derselben Medaille. Nur, welche Unterschiede ergeben sich daraus in Punkto FRISCHE?

Welche Auswirkung hat die Entwicklung zu immer fertigeren Produkten auf den Frischegrad einer Küche, vor allem auf das Ergebnis auf dem Teller? Und überhaupt, wie definiert sich eigentlich eine “Frischküche“ bzw. “frische Küche“?

Kompromisslose Befürworter der Frischküche sehen für die Umsetzung die Verwendung von möglichst frischen, natürlichen, ursprünglichen und möglichst unbearbeiteten Lebensmitteln als Voraussetzung. Je mehr und je tiefergehend die Eigenfertigung, desto besser und frischer ist die Küche, ist auch das Ergebnis daraus…; wie soll es sonst auch anders sein?

Allein die Bezeichnung “industrielle Fertigung/Herstellung“ klingt für Frischküchen-Verfechter schon irgendwie dubios. Convenienceprodukte können doch von Haus aus schon nicht gar nicht (mehr) wirklich frisch sein, oder!?!

Und in der Tat, natürlich ist es so, dass die großen Vorteile industriell verarbeiteter, convenienter Lebensmittel/Produkte eben unter anderem auch gerade darin liegen, dass sie längere/verlängerte Haltbarkeiten aufweisen. Dabei tragen verschiedene Methoden von Vorbehandlung, Produktion und Garung, gezielte Haltbarkeitsmachung, sowie spezielle Verpackungs- und Lagerungsbedingungen dazu bei, solche Produkte einem raschen Verderb zu entziehen.

In aller Regel verzichtet man heute auf die früher üblichen Konservierungsstoffe, auf chemische Zusätze und auf Methoden von Bestrahlung. Vielmehr beruht Haltbarmachung (mit kurzen bis langen Reichweiten) von rohen wie von verarbeiteten Produkten, heute auf einem Mix modernsten Verfahrenstechniken, innovativer Verpackung und oftmals veränderter Atmosphäre. 

Doch ist Haltbarmachung etwas Schlechtes? Ist es als Negativum vs. Frische zu werten?

Hier gilt es sich zu erinnern, dass die Menschheit schon früh davon umgetrieben wurde Wege zu finden, ihre wertvollen Lebensmittel unter anderem vor raschem Verderb zu schützen, sie also haltbar zu machen. Das sicherte Überleben!

Bis selbst ins frühe 20 Jahrhundert hinein waren der Haltbarmachung jedoch sehr begrenzte Möglichkeiten gesetzt. Das uns heute so selbstverständliche Kühlen von Lebensmitteln, setzte sich in Breite, über elektrische Kühlschränke, erst in den 1950er-Jahren in den privaten Haushalten durch. Die Tiefkühlung, mittels elektrischer Tiefkühlgeräte, kam sogar erst noch später. Wie es wohl zu solchen Vor-Technologie-Zeiten gegenüber heute mit der Frische der Lebensmittel aussah?

So gesehen ist der erreichte industrielle Fortschritt unserer Neuzeit,Lebensmittel und Produkte mannigfaltig haltbar zu machen und länger deren “Frische zu bewahren“, unbestritten ein großer Segen! Dass wir diesen Nutzen inzwischen jedoch kaum noch als solchen erkennen, liegt an der gewachsenen Selbstverständlichkeit, mit der wir, ob im Einzel-, oder Großhandel, vor allem in die Kühl- und Tiefkühltruhen, nach fertigen, vorgefertigten Lebensmitteln/Speisen greifen und sie vielfach gar nicht mehr im frischen Roh-, oder Urzustand zu Gesicht bekommen.

Was und welche Definition verbinden wir landläufig überhaupt mit “Frische“ und welches Synonym passt dazu am besten? Es ist wohl am ehesten das Wort “Neu“. Frische Lebensmittel dürfen dem Verständnis nach keinesfalls älter, schon gar nicht alt sein, oder länger Zeit „auf dem Buckel“ haben. Attribute die der Frische von den meisten Menschen zusätzlich zugeschrieben werden sind “hohe/höchste Qualität & Wertigkeit“, auch wenn das Eine und das Andere erfahrungsgemäß bei einem Produkt auch weit auseinandergehen kann.

Dem zum Trotz; die Verbindung greift hier in der Assoziierung so gut, dass alle die in diesem Lande etwas anbieten/verkaufen, einen Frischeaspekt marketingstrategisch oft bis aufs Äußerste strapazieren, weil der Kunde dann deutlich bereitwilliger zugreift. Frisch ist schon beim Einkauf nicht immer frisch, weil das was angepriesen und versprochen wird, bei Lieferung/Abgabe tatsächlich nicht immer der Realität entspricht.

Dass nun selbst die Food-Industrie, dass Hersteller und Vertreiber „höchste Frische“ auch für länger haltbare Convenienceprodukte jeglicher Art argumentiert, hat seine Gründe sicherlich zunächst also ebenfalls im Marketing. 

Objektiv gesehen hat sie jedoch durchaus auch inhaltlich ihre Berechtigung, was darin begründet liegt, dass neben der eigentlichen Haltbarkeitsverlängerung von Lebensmitteln/Produkten, Convenienceprodukte, zumeist in ihrer physiologischen Wertigkeit (also mit den inneren Werten der Lebensmittel sozusagen), absolut hoch punkten können.

So schneiden nämlich conveniente Lebensmittel bei Laboruntersuchungen oft sogar deutlich besser ab als konventionelle Frisch- und Ursprungsprodukte, was sich gerade am Beispiel und im Vergleich zwischen Frischgemüse und Tiefkühlgemüse immer wieder zeigt.

Wer den mehrtägigen Weg von frischem Gemüse einmal nachvollzieht, ehe es vom Erzeuger über die Zwischenhändler endlich beim Verbraucher oder Verarbeitungsbetrieb/Küche landet, weiß vielleicht annähernd einzuschätzen, wie viel an physiologischer Wertigkeit am Ende tatsächlich noch als Rest darin vorhanden ist. Bekanntermaßen kann frisches Gemüse, durch Lagerung, bereits innerhalb von nur 24 Stunden bis zu 50% allein seiner Vitamine verlieren.

Bliebe unter diesen Umständen eigentlich die Frage zu klären, ob und wie lange man denn ein frisches Gemüse im Handel tatsächlich als solches anbieten darf, wenn es bereits längst nicht mehr erntefrisch ist? Die Antwort darauf kann sich nur jeder selbst geben. Ebenso wie auf die Frage, ob der Anspruch an Frische an ein solches Produkt auch nach mehreren Tagen von Lagerung/Transport wirklich noch erfüllt wird. Oder ob dann z.B. das erntefrisch verarbeitete Tiefkühlgemüse, oder das schonend gegarte Gemüseprodukt, im Ergebnis nicht eigentlich hier das eher frischere, weil im Vitamingehalt deutlich wertigere Produkt darstellt?

Das ganze Thema ist daher nicht profan, weil gerade in Gesundheitseinrichtungen frische, unverarbeitete Rohprodukte vorwiegend eingesetzt werden, weil sie dem Patienten/Bewohner eine inhaltlich höhere Wertigkeit im Hinblick auf Gesundheitsförderung, wie z.B. einen hohen Vitamingehalt, versprechen.

Schon bis hierher ist es nicht ganz einfach den Begriff von "Frische" klar und eindeutig zu greifen. Und dabei wird es noch komplexer.

Kommen wir zu einer weiteren Definition über den Begriff der Frischküche. In GV-Fachkreisen ist es Usus, dass man dann von “Frischküche“ (oder auch “Cook & Serve“/ oder “Cook & Hold“) spricht, wenn die Speisenproduktion in unmittelbar/oder mittelbarer zeitlicher Nähe zur Speisenverteilung, bzw. zur -portionierung und -ausgabe stattfindet. Wird also am gleichen Tag (frisch) zubereitet/gegart bzw. endgegart, was im Idealfall nur vergleichsweise „kurze Zeit“ später auf dem Teller der Gäste landet, spricht man hier von einer Frischküche. Vollkommen irrelevant ist dabei jedoch wie viel frische Lebensmittel, z.B. unbearbeitete Ursprungslebensmittel, oder wie viel Convenience-Lebensmittel eingesetzt werden. Solange also nur frisch (weil einigermaßen zeitnah) produziert wird, ist das also für diese Definition des Systems Frischküche ziemlich unerheblich. Zumindest für Nichtfachleute mag das sicherlich verwirrend erscheinen.

Die Abgrenzung zu diesem Produktionssystem Frischküche ist die “Kühlkost“, auch “Frisch-Kühlkost“, aus dem so bezeichneten “Cook & Chill-System“ bzw. auch aus dem “Sous-Vide-System“. Eine weitere Systemvariante ist die “Tiefkühlkost“ aus dem so benannten “Cook & Freeze-System“.

Alle diese Produktionssysteme haben hier eines gleich: die Lebensmittel werden, weit vor der Aus-/ Abgabe, zubereitet/produziert/gegart, unmittelbar danach rasch herunter gekühlt oder eben tiefgekühlt gelagert, ehe sie dann kurz vor der Speisenausgabe regeneriert (erhitzt) werden. (dargestellt ist hier ein vereinfachter Prozessablauf).

Wie in der Frischküche auch, können selbstverständlich auch in diesen entkoppelten Produktionssystemen Lebensmittel mit einer hohen „Eingangsfrische“ Verwendung finden. Wo ist dann also jetzt der Unterschied in der Frische…?

Die Frischebewertung alleinig auf die zum Einsatz kommenden Eingangs-Lebensmittel sowie auf das Produktionssystem zu reduzieren, ist also nicht ausreichend.


Zwei neue Aspekte sollten deshalb nun einbezogen werden und in der Sache weiterbringen:



Der “Telleransatz“ geht davon aus, dass, unabhängig davon was in der Küche, bei Produktion und vorgelagerten Prozessen der Speisenverteilung passiert, es den Fokus auf den servierten Teller braucht. Will heißen, dass das Ergebnis erst dann zählt, dass Qualitäts- & Frischgrad von Speisen wirklich erst dann final Bewertung finden können, wenn diese beim Gast ankommen. Eine solche Bewertung ist sowohl aus Sicht des Verpflegungsbetriebes, wie auch aus Kundensicht heraus nötig. Betroffen sind dabei vorrangig Kriterien der Optik, der Sensorik aber auch insbesondere der ernährungsphysiologischen Wertigkeit der Speisen.

Der “Verlustansatz“ geht wiederum davon aus, dass es über den gesamten Prozess von Produktion und Speisenverteilung hinweg diverse Umstandskriterien gibt, welche für das Endergebnis einen negativen Einfluss beim Qualitäts- & Frischgrad von Speisen haben. Je nach Organisation, Arbeitsweise und Prozessen fallen diese Verluste mehr oder minder hoch aus. Wichtig ist es am Ende zu wissen, was beim Gast an Qualität und Frische ankommt und wie es hinsichtlich der oben bereits genannten Kriterien bestellt ist.


Erfahrungsgemäß zeigen sich die Schwachstellen der Küchenbetriebe oft darin, dass beide Aspekte nicht oder eben nicht hinreichend innerhalb der Leistungserbringung einbezogen, bzw. gewürdigt werden. Der Fehler ist, dass man sich zu sehr nur auf die Küche als Zentrum des Geschehens und als Gradmesser der Bewertung konzentriert. Dabei sollte doch eigentlich klar sein, dass ein gerade frisch gedämpftes Gemüse in der Küche anders aussieht und schmeckt, als vielleicht ein bis eineinhalb Stunden später, wenn der Gast es nach Durchlaufen der Logistik auf dem Teller hat!

So werden, das ist die Praxiserfahrung, nicht selten in Küchen, und zwar unter Umständen mit erheblichem Aufwand, frische Produkte eingesetzt, die auch frisch verarbeitet/zubereitet werden. Letztlich greifen dann jedoch innerhalb des Prozesses Umstände, durch die man im Ergebnis auf dem Teller den Ansprüchen doch nicht gerecht wird. Am Ende wird nach Durchlaufen von Küchen- und Speisenverteilprozessen dann leider kein hochwertiges Frische-Produkt mehr serviert.

Die Frage also - wie frisch, ist frisch wirklich? – ist hier durchaus berechtigt. Gerade in der sogenannten Frischküche führen die Prozesse innerhalb der Produktion, der Speisenverteilung und der Logistik vorwiegend dazu, dass insbesondere heiße Speisen/Komponenten oft mehrere Stunden und damit viel zu lange in der Heißhaltung verbringen. Dabei sind Standzeiten von 1,5 bis 3 Stunden eher die Regel, aber auch 4 Stunden und länger sind nicht selten.

Zum Hintergrund: Wesentlich für den Erhalt von Qualität und ernährungsphysiologischer Wertigkeit von Lebensmittel/Speisen ist die jeweils kürzeste Bearbeitung in allen Prozessen unter optimalen Bedingungen. Dies berücksichtigend sollten Vor- und Zubereitung/Produktion, Speisenverteilung und Logistik optimal geplant, organisiert und abgearbeitet werden.

Frische Lebensmittel/ Produkte (insbesondere Obst/Gemüse) verlieren bekanntermaßen bei ordnungsgemäßer Kältelagerung, bei ihrer Vorbereitung und insbesondere bei der Garung unter Hitzeeinwirkung einen Teil ihrer physiologischen Wertigkeit. Vorwiegend Vitamine und Mikronährstoffe bauen dabei ab. Am ehesten zu vermeiden, weil sie Frische und Ergebnisqualität maximal belasten, sind jedoch die bereits angeführten Heißhaltezeiten von Speisen.

Heißhaltung hat, unter hygienisch einwandfreien Temperaturen (mind. 65°C oder darüber), zur Wirkung, dass die Qualität rasch abbaut. Bereits nach 2-3 Stunden ist bei mancherlei Speisen/Komponenten (Vorrangig mit Gemüseanteilen) bereits so viel an wichtigen Inhaltsstoffen verloren gegangen, dass die physiologische Wertigkeit großteils verloren ist.

So können sich dann viel Aufwand, ein engagierter Einsatz von Mitarbeitern und die Investition in teure Lebensmittel mitunter nicht lohnen, weil das Ergebnis einer frischen Vitamin- und Nährstoffreichen Küche im Ergebnis verfehlt wird. 

Der Vergleich zeigt, zumindest in Hinsicht auf wesentliche Kriterien der physiologischen Wertigkeit/Qualität, dass im schlechtesten Fall ein aus einer Frischküche stammendes Produkt (absolut frisch, hochwertiges Lebensmittel) unter suboptimalen Bedingungen von Lagerung, Produktion und überlanger Heißhaltung behandelt, am Ende weit weniger Frische aufweisen kann, als ein regeneriertes Conveniene-/High-Convenience-Produkt, welches industriell hergestellt, aus der Kühlung oder Tiefkühlung kommt.


Fazit und Empfehlungen:

Sollten Sie Fragen zu Inhalten, oder Bedarf zu vertiefenden Erläuterungen haben, so stehen Ihnen die Fachberater des Teams Verpflegungsmanagement der P.E.G. sehr gern zur Verfügung.

Ein Beitrag von Wilfried Hötzer - Teamleiter Fachberatung Verpflegungsmanagement