Zukunftshebel 

FOOD

Foto. Adobe Stock

Food-Trends 2022: 

Wie wir in Zukunft essen werden

Die aktuellen Food-Trends zeigen uns, was Lebensmittelindustrie, Handel und Gastronomie in den nächsten Jahren prägt. Und was langfristig von der Pandemie bleibt. – Ein Auszug aus dem Food Report 2022 von Hanni Rützler.

Für die Analyse des Wandels der Esskulturen bilden gesellschaftliche Megatrends die Basis, die sogenannten „Blockbuster“ des langfristigen Wandels, die für alle Bereiche der Gesellschaft und Wirtschaft prägend sind: etwa die Globalisierung und die Konnektivität, aber auch Gender Shift, die Individualisierung, New Work oder Neo-Ökologie. Um den Wandel der Esskulturen genauer zu analysieren und mögliche Szenarien für die Zukunft zu entwickeln, sind darüber hinaus mittelfristige Veränderungsprozesse, die von den Lebensstilen der Menschen sowie von ihren Werteorientierungen und Bedürfnisstrukturen geprägt werden, von zentraler Bedeutung. Auf dieser Ebene des Wandels sprechen wir von soziokulturellen Trends und Konsumtrends. Hier bewegen sich auch jene Trends, die wir zur Beschreibung des Wandels unserer Esskulturen heranziehen: die Food-Trends.

Trends erfüllen nicht einfach nur existierende Bedürfnisse, Wünsche und Werte der Konsumierenden, sondern gehen über sie hinaus, sie „sprengen“, erweitern und treiben sie voran. Food-Trends geben Antworten auf aktuelle Probleme im Zusammenhang mit unserer Ernährung oder unserer Nahrungsmittelproduktion, sie offerieren Lösungsvorschläge und/oder präsentieren sinnvolle Alternativen. Food-Trends spiegeln kulturspezifische Sehnsüchte, Wünsche und Bedürfnisse wider. Und sie stehen für bestimmte Werte, bieten Anknüpfungspunkte für Identifikationsprozesse und geben somit Orientierung bei unseren täglichen Essentscheidungen. Für die Lebensmittelindustrie sind Food-Trends daher auch als Hilfestellungen für strategische Entscheidungen und konzeptionelle Ausrichtungen von Unternehmen zu sehen.

Worauf sich Industrie, Handel und Gastro einstellen können

Food-Trends sind immer beides: Störfaktoren für das Business as usual und strategische Orientierungshilfen für Unternehmen. Die eingangs zu sehende Food-Trend-Map bündelt die vielen aktuellen Food-Trends nach thematischen Clustern, schafft damit mehr Überblick und erleichtert Lebensmittelproduzenten, Handel und Gastronomie so die Entscheidung, mit welchen Trends sie sich – passend zu ihrer Unternehmensphilosophie – in Zukunft verstärkt auseinandersetzen sollten. Allgemein gewinnen vor allem 3 Trends an Bedeutung, die besonders durch die Pandemie-Erfahrungen noch einmal befeuert wurden.

1. Zero Waste

Zero Waste – so lautet das zentrale Motto nachhaltigen Konsumierens von morgen. Die Cradle-to-Cradle-Philosophie und die sich weiterentwickelnde Vision der Sharing Economy sind die treibenden Kräfte hinter der Idee, Müll oder scheinbaren Müll nicht nur wiederzuverwerten oder zu recyceln, sondern gar nicht erst anfallen zu lassen.

Trendprognose: Food Waste ist nicht nur ökologisch problematisch, sondern hat auch negative wirtschaftliche und soziale Auswirkungen. Die Corona-Pandemie hat Lebensmittelverschwendung noch deutlicher im Bewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten verankert. Auch nach der Pandemie werden mehr Menschen – auch dank gestiegener Kochkenntnisse – sorgsamer mit Lebensmitteln umgehen, weniger wegwerfen und Reste besser verwerten. Das Prinzip Zero Waste wird alltagstauglich. Nachhaltigkeit verlagert sich immer mehr auf den Nutzungszyklus. Auch auf anderen Ebenen der Lebensmittelkette. Immer mehr Start-ups und Unternehmen finden innovative Wege, um aus Lebensmittelresten neue Produkte herzustellen. Auch  engagierte Gastronomen leisten mit innovativen Konzepten wichtige Beiträge, um die weltweite  Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.

2. Local Exotics

Die Lockdowns haben nicht nur die Bedeutung lokaler Lebensmittelproduktion weiter verstärkt, sondern zugleich eine neue Sehnsucht nach kulinarischen Entdeckungen und exotischen Genüssen geweckt. Local Exotics versprechen, diesen Widerspruch in Zukunft aufzulösen.

Trendprognose: Angetrieben vom Wunsch der Konsumierenden nach einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion, wird auch der Bedarf an lokal hergestellten Lebensmitteln weiter steigen. Der Local-Exotics-Trend zeigt, dass dies nicht mit der Erweiterung der global inspirierten Geschmackswelten in Widerspruch geraten muss. Immer mehr Landwirte, Fischzüchterinnen und Gemüsebauern wagen sich auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz an den Anbau beziehungsweise die Zucht von Pflanzen und Tieren, die noch vor Kurzem nur über weite Transportstrecken zu uns gelangt sind.

3. Real Omnivore

Künftig geht es nicht mehr nur um die eigene gesundheitsbewusste Ernährung, sondern um eine verantwortungsvolle Esskultur, die auch die Gesundheit des Planeten einschließt.

Trendprognose: Real Omnivores sind die wahren Allesesser. Sie stehen für eine ausgewogene, nachhaltige Ernährung, deren Leitmotiv nicht Verzicht ist. Dabei haben sie keinerlei Berührungsängste mit Food-Tech-Innovationen oder außergewöhnlichen Zutaten oder Lebensmitteln – ganz im Gegenteil, sie werden von Neugier angetrieben, auch anderes und Neues auszuprobieren. Sie sind die Avantgarde, die unsere Esskultur auf den Prüfstand stellt und vorantreibt. Ihre Werte zahlen auf die eigene Gesundheit, aber auch auf das Wohlbefinden der Gesellschaft und ein Leben in Einklang mit der Umwelt ein. Verantwortung und Vielfalt sind ihre Maximen, mit denen sie zukünftige Entwicklungen in der Gastronomie, Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie voranbringen und die Muster unserer Ernährungsgewohnheiten aufbrechen werden.

Fotos: Zukunftsinstitut / Hanni Rützler

Ein Beitrag von Hanni Rützler - futurefoodstudio