Budgetierung
in der kleinen und mittleren Gastronomie
So schaffst Du den Start in deine Finanzplanung
Budgetierung in der kleinen und mittleren Gastronomie
Spätestens seit Corona möchtest Du Deine Ausgaben genau im Blick behalten. Ein wichtiges Tool dazu ist die Budgetplanung. Aber wie geht das eigentlich? Und wie kannst Du damit ganz einfach starten? Dazu haben wir für Dich den Budgetierungs-Spezialisten Marc-Alexander Hengst befragt.
In diesem Artikel erfährst Du
warum Du auch als kleiner Betrieb budgetieren solltest.
auf welche Kennzahlen es wirklich ankommt.
wieviel Zeit Du Dir dafür nehmen solltest.
wie sich Budgetierung durch Corona verändert hat.
5 Gründe, warum sich die Budgetplanung auch für Deinen (kleineren) Betrieb lohnt
Du verschaffst Dir einen Überblick.
Du erkennst rechtzeitig Engpässe und kannst so besser reagieren.
Deine Planung erhöht Deine Chancen auf einen Kredit.
Richtig angepackt gibt die Budgetplanung Deinem Team neuen Schwung.
Nur wenn Ihr euch gemeinsam Ziele setzt, könnt Ihr sie auch erreichen.
Los geht’s
Geht es Dir auch so und Du siehst beim Wort „Budgetieren“ vor Deinem inneren Auge ein paar Manager-Typen im Anzug vor einem Haufen Akten? Das war immer mein Bild. Gähn. Zusätzlich stand ich in der Szene immer irgendwo am Rand und die ganze Sache sah a) kompliziert und b) nicht danach aus, als ob ich mich jemals damit beschäftigen wollte – geschweige denn könnte! Bis mir eines Tages ein Gastronom übern Weg lief, der mir buchstäblich zu jeder Minute des Tages sagen konnte, ob er gerade Gewinn oder Verlust macht. Ein Blick auf sein Handy genügte. Von da an hatte ich beim Thema Planung nicht mehr den Prozess, sondern das Ziel vor Augen: Den Betrieb sicher und erfolgreich zu führen – dank meiner Vorbereitung.
Gute (Budget-)Planung beginnt mit einer guten Frage
Z.B. Wie viel Umsatz machen wir pro Gast im Durchschnitt? Wie hoch ist unsere Auslastung? Wie viele Mitarbeiter werden wir brauchen, wenn es wieder losgeht? Und wie viele Gäste benötigen wir mindestens, um unsere Kosten decken zu können?
Gerade die letzte Frage macht schnell deutlich, dass Du die Antwort lieber vorher ausrechnen, statt hinterher finanziell und teammäßig ausbaden möchtest.
Am Anfang reicht ein DIN A4 Blatt
Ich verrate Dir jetzt mal was: Während meine Kollegin Lisa Boje von den Hotelharmonisierern der totale Budget-Fuchs ist, würde ich mich eher in die Kategorie „Budget-Hummel“ einordnen. Vielleicht geht es Dir ja auch so und die ganzen Begriffe und Formeln erzeugen in Dir gerade noch keine Begeisterung.
Da kann ich Dich beruhigen. Viel wichtiger ist, dass Du für Dich verstehst, was und warum Du eine Kennzahl für Dich ausrechnest. Motto: Nur wenn Du den Rechenweg verstehst, wirst Du auch was mit dem Ergebnis anfangen können.
Sich selbst etwas auszurechnen ist viel leichter, als die Berechnung von jemand anderem nachzuvollziehen.
Hast Du schon mal versucht, eine Excel Tabelle zu verstehen, die Du nicht selbst erstellt hast? Ich tue mich damit immer schwer. Daher empfehle ich Dir, lieber erstmal mit Deiner eigenen Tabelle zu starten, und Kalkulationsvorlagen aus dem Internet nur als Orientierungshilfe zu nehmen. Achte darauf, dass du die Logik hinter den Berechnungen immer selbst nachvollziehen kannst. Dann macht’s auch Spaß und deine Ergebnisse sind nicht nur ein Haufen Zahlen, sondern bilden ein Navigationssystem für deinen Betrieb.
Vielleicht fragst Du Dich, warum ich so drauf rumreite, dass Du Deine Berechnungen vor allem logisch nachvollziehst (und dir notfalls um Fachbegriffe erstmal keinen Kopf machst)? Weil ich immer mal wieder bei KundInnen auf Kalkulationen stoße, die nicht der betrieblichen Realtiät entsprechen. Das klingt dann ungefähr so:
„Sag mal, warum schlägst du überall 10 % drauf?“
„Weiß nicht, war so in der Formel, die ich im Netz gefunden habe.“
10 Prozent wofür? Putzverlust? Preisschwankung? Diebstahl? Bruch? Fehlerquote? Rücklauf? Unvorhersehbare Ereignisse? Nimm rein, was für Deinen Betrieb relevant ist und schätz die Höhe des Faktors, die du dafür benötigst. Ein klassisches Restaurant wird mehr Bruch haben als ein Food-Truck, der alles in Einwegverpackung rausgibt.
Umsätze und Kosten schätzen mit der 80/20 Methode
Wo wir schon bei den unvorhersehbaren Ereignissen sind… Budgetieren bedeutet natürlich auch, für die Zukunft zu planen. Das kannst Du nur, indem Du schätzt. Das scheint erstmal ungenau. Tatsächlich bringt schätzen erstaunlich genaue Ergebnisse – wenn Du es detailliert tust. Eine 80 prozentige Genauigkeit reicht aus, damit du belastbare Ergebnisse erhältst.
Rendez-vous mit der Bank
Genauso, wie Du Dich (hoffentlich?) ein wenig zurecht machst, wenn Du ein Rendez-vous mit einem liebevollen Menschen hast, darfst Du auch Deine Zahlen ins rechte Licht rücken, wenn der nächste Banktermin ansteht. Jetzt lohnt es sich, nochmal kurz in die Bücher zu schauen, damit Du Deine Kennzahlen nicht nur sicher ausrechnen, sondern auch kompetent benennen kannst.
Hier kommen Deine To Dos vorm Banktermin
Mach es Deiner VerhandlungspartnerIn so leicht wie möglich. Nimm seine/ihre Perspektive ein.
Frag vorher an, welche Kennzahlen besonders wichtig sind und stelle diese schön übersichtlich auf einem Factsheet als erste Seite dar.
Fasse allgemeine Infos über deinen Betrieb auf einer Seite in Stichpunkten (Ausstattung) und Grafiken (Lage) zusammen. Vielleicht muss dein/e BeraterIn deine Unterlagen an jemanden weiterreichen, der dein Objekt gar nicht kennt. Da helfen Fotos.
Vermeide Beschreibungen. Hier gibt’s nur Zahlen, Daten, Fakten.
Zum Schluss kommen noch die kompletten Zahlen. Fertig.
Warum du deine Zahlen niemals schönrechnen solltest
Irgendwann kommst Du vielleicht an den Punkt, wo Deine Zahlen ein alarmierendes Ergebnis bringen. Corona lässt grüßen! Ich geb dir mal drei Beispiele für Reaktionsmöglichkeiten:
Du machst es so wie die meisten: Laptop zu, Kopf in den Sand - und warten, bis die alten Verdrängungsmechanismen greifen.
Du veränderst die Zahlen so lange, bis sie ein Ergebnis bringen, mit dem Du leben kannst. Das fühlt sich ein bisschen besser an. Danach geht es weiter mit 1.
Du bist dankbar, dass Dir die Zahlen einen wichtigen Handlungshinweis geben und beginnst auf Basis Deiner Ergebnisse zu handeln.
Deine Zahlen sind nur so viel wert wie die Konsequenzen, die Du daraus ziehst
Du kannst die beste Finanzplanung der Welt haben. Wenn die Ergebnisse im Schrank liegen bleiben, kommt das der vertikalen Ablage gleich. Also: Wenn Deine Zahlen nicht so wollen, wie Du es gern hättest, dann hol Dir Hilfe. Manchmal reicht schon ein gutes Gespräch, um zu wissen, wie es weitergehen soll.
Die Perle in deiner Budget-Auster: Mitarbeitermotivation!
Noch ein Grund, die Finanzplanung ans Licht zu bringen: Wenn Du Dein Team voll in die Planung mit einbindest, könnt Ihr die Ziele gemeinsam festlegen. Noch besser: Du lässt Dein Team seine eigenen Ziele festlegen. Du wirst überrascht sein, welchen Ehrgeiz Deine MitarbeiterInnen entwickeln, wenn Du Ihnen den Freiraum lässt. Denn nur wer Ziele hat, kann auch welche erreichen. Aber das ist ein Thema für einen ganz eigenen Blogartikel.
Ab welcher Größe macht Budgetierung Sinn?
Jeder sollte Budgetieren, um Kosten/Umsatz zu kennen.
Bugdetplanung hilft Dir zu wissen, wann lohnt sich der Betrieb, wann machst Du lieber zu.
Genaue Kenntnis der eigenen Zahlen erleichtert das Bankgespräch ungemein.
Eine gute Budgetplanung hilft Dir beim Ausfüllen z.B. von Fördermittelanträgen.
Was sind die wichtigsten Kennzahlen?
Umsatz pro Gast
Umsatz pro Sitzplatz
Umsatz pro Mitarbeiter/pro Stunde
Fixkosten
Variable Kosten
Warenkosten
Personalkosten….
Wie richte ich meine Warengruppen richtig ein?
Prüfe, ob Deine Warengruppen sauber gepflegt sind. (Vorspeisen bei den Vorspeisen und nicht unter Hauptgerichte oder Beilagen usw.)
No-Go 1: Theke/Küche divers Buchung
No-Go 2: Artikelnummern überschreiben. Jeder neue Artikel braucht eine neue Artikelnummer.
Immer die Gäste-Anzahl mit einbuchen.
Umsatz getrennt buchen nach Art der Gästegruppen.
Selbst das beste System ist nichts wert, wenn es nicht richtig gepflegt wird.
So macht Budgetieren Spaß
Team voll einbinden.
Mitarbeiter, die verstehen, worum es geht, sind hochmotiviert.
Ohne Ziel kannst du auch keins erreichen.
Gute Möglichkeit der Erfolgsbeteiligung.
Es geht um langfristige Planung, die auch dem Team Sicherheit gibt.
Worauf kommt es an?
Einfach versuchen und auf dem Weg anpassen.
Mach kein Geheimnis aus deinen Zahlen.
Besprich mit Deinem SteuerberaterIn, welche Zahlen Du in der BWA sehen musst.
Rechne nur aus, was du selbst verstehst.
Frag Deine MitarbeiterInnen, bevor Du Deine Ziele festlegst.
Hinterfrag den Schmerz, wenn Du Zahlen vermeidest.
Motiviere Dich durch das positive Endergebnis.
Annik Rauh von den Gastro-Angels schätzt Dir jeden Umsatz in Restaurants erschreckend genau und weiß vor allem, wie Du diesen Umsatz in Gewinn verwandelst.
Ein Beitrag von Annik Rauh von den Gastro-Angels