Gastronomen 

und heimische Pilze 


Wenn ich auf einem Tableau vor einem Restaurant lese: „heute frischer Spargel“ oder: heute „Frische Pfifferlinge“ denke ich schon mal, dass hier etwas Selbstverständliches zu sehen ist, das der Inhaber, die Inhaberin oder der/die inhabende Diverse auch weglassen könnte, denn dass ich frische Ware bekomme, setze ich immer voraus, wenn ich mich zum Essen einlade. 

Frischen Spargel zu besorgen ist zur richtigen Zeit meistens keine große Sache, ok, 2020 war ein Sonderfall und bleibt es hoffentlich auch. Bei Pfifferlingen bin ich da schon skeptisch und glaube den Ankündigungen der Gastonomierenden nicht. 


Ich esse auch nur selbst gesuchte Pfifferlinge. 

Warum? Die Pfifferlinge sind wochenlang unterwegs aus Ländern, die im Osten liegen. Sie dümpeln in Kühllastern auf Paletten in engen Spankörben dahin und gelangen dann über viele Stationen in die Gemüseabteilungen der Einkaufszentren oder Wochenmärkte. Und sehen dann auch so aus. Ein Test, den ich auf Bitte der Sendung MARKT gemacht habe, zeigte Erschreckendes. Schimmel, Faulstellen, Trockenschäden, Insektenbefall. Von fünf Chargen erhielten drei gerade noch die Note 4- die anderen eine glatte 6. Als ehemaliger Lehrer weiß ich, dass viel Wohlwollen dabei war. Alle Anbieter versprachen Besserung. Ich konnte bei groben Nachtests keine feststellen. Würg. Noch schlimmer ist Ware, die im Gewürzregal ihr trockenes „Leben“ fristet. Getrocknete Pfifferlinge bekommt man auch durch stundenlanges Einweichen oder Kochen nicht mehr in Frischpilzmentalität. Der ausgekochte Hosengürtel gibt mehr Geschmack her. 


Achtung Bußgeld

Gastronomen, also die, die sich mit dem Magen oder Bauch beschäftigen und ihm wohlwollend einen Namen geben, und die Pilze aus Deutschland verarbeiten und anbieten, riskieren immer ein Bußgeld, (bis 5000 €) denn frisch gesammelte Pilze unterliegen einer Mengenbegrenzung und dürfen nur zum Eigenbedarf in die Küche wandern. Also dürfen auch nicht serviert werden, wenn der Wirt, die Wirtin, sie selbst gesammelt haben.  Die Mengenbegrenzung ist je nach Bundesland verschieden, also grob gesagt sollen sie für zwei Mahlzeiten reichen. Das heißt etwas ein Kilogramm pro Person und Tag. Die Naturschutzbehörde erteilt manchmal, wenn auch selten, Sondergenehmigungen für professionelle Sammler, die aber umfassendes Fachwissen nachweisen müssen. Einige Arten dürfen überhaupt nicht entnommen werden, z.B Trüffeln. Es besteht ein Sammel-und Transportverbot. Ich nerve jetzt nicht mit der entsprechenden Verordnung. 


Als Gastronom würde ich es mir sehr überlegen, ob ich von einem reisenden Sammler Pilze erwerbe, wenn ich selbst wenig Artenkenntnis habe. Ein Korb Stockschwämmchen könnte durchaus einige Exemplare vom Gifthäubling enthalten. Dieser sieht ähnlich aus, verbirgt aber dasselbe Gift wie der Grüne Knollenblätterpilz, der Giftigste unter den Giftigen. Denn dann wird es wirklich bedrohlich für die Gesundheit. Roh verzehrt ist praktisch jeder Pilz mindestens Magen-Darm-giftig. Es kommt nur auf die einverleibte Menge an. Also Pilze sollten durch Pfanne oder Topf wandern, von wenigen Ausnahmen abgesehen und hier auch nur in geringer Menge, denn schwer verdaulich sind sie alle. Ich rate auch jedem der Lesenden, sich nicht von jemandem zum Pilzeessen einladen zu lassen, der behauptet, alle Pilze zu kennen. (ca 15000) Ich würde diese Einladung höflich, aber bestimmt, ablehnen. 


Also für Gastronomen ist es schwer, 

legal an frische Pilze zu kommen. Zum Glück für die Wirte und zum Pech für die Funghi gibt es keine wirksame Vollzugsbehörde. Bleiben also die Zuchtpilze, wie Kräuterseitlinge oder Schwefelporlinge usw.. Diese gewinnen für die menschliche Ernährung auch im Hinblick auf die Weltbvölkerung, immer mehr an Bedeutung und mein Freund Professor Lelley ist überzeugt: „No Funghi no future“


Ach noch was: Pilze gehören nicht zu den Pflanzen oder zu den Tieren, sie bilden ein eigenes Reich, nur mit ihnen reich werden ist schwierig, allerdings sind die Genießbaren reich an wichtigen Elementen, die dem Körper gut tun. Ich unterscheide übrigens Essbar und Genießbar. Essbar sind alle Pilze, die den Magen-Darmtrakt ohne Schaden für die Gesundheit passieren. Genießbar sind sie erst, wenn sie mir gut schmecken. Und am Schluss soll der Spruch: „Jeder Pilz ist essbar, mancher nur einmal“ entkräftet werden. Jeder Pilz ist nur einmal essbar. Alles andere wäre hygienisch bedenklich. 

Guten Appetit.

Ein Beitrag von Frank Krajewski - Pilzsachverständiger und Mykotainer

Frank Krajewski lebt in Remagen und ist geprüfter Pilzsachverständiger der Deutschen Gesellschaft für Mykologie. Er arbeitet als Pilzführer, Referent für pilzspezifische Vorträge in Deutschland, Frankreich und Ungarn sowie als Berater bei Pilzvergiftungen an Kliniken.