EXPERTENWISSEN CARE-KÜCHE

Lagerdauer für Produkte aus der eigenen Cook & Chill-Produktion 

Wie lange ist eigentlich die Lagerdauer für Produkte aus der eigenen Cook & Chill-Produktion?

Gründe gibt es durchaus einige, warum Eigenproduktionsküchen in der Care-Gemeinschaftsverpflegung heute nicht mehr umhinkommen, sich mit „entkoppelten Produktionsverfahren“ zu beschäftigen. Ob nun in Teilen, als Ergänzung zur Frischküche a la Cook & Serve/-Hold, oder in der gänzlich systematischen Ablösung derer. Allem voran reden wir hier von “Cook & Chill“, einem Produktionsverfahren welches, maßgeblich ausgehend vom Flugzeug-Catering, inzw. bereits seit Jahrzehnten etabliert ist. Auch in Care-Großküchen ist es zwischenzeitlich weit verbreitet, mit zuletzt deutlichen Wachstumsraten versehen.

Es darf angesichts dessen schon ein Stück weit verwundern, warum sich um Cook & Chill herum auch im Jahr 2021 noch eine gewisse Ambivalenz rankt. Warum ist selbst unter Fachleuten das Thema noch geprägt von vielen Kontroversen, auch von teils unversöhnlichen Diskursen um die Vor- und Nachteile des Verfahrens sowie um die Einschätzung zur Ergebnisqualität der Speisen?

Unabhängig jedoch davon, zu welcher Fraktion, ob von Befürwortern oder von Gegnern man in „Glaubensfragen“ des Systems, man nun angehört. Inzwischen zeichnet sich es zumindest als annähernd passé ab, dass viel Halbwissen zu Cook & Chill transportiert, bzw. argumentativ ins Feld geführt wird.

Dazu hat auch die >> DIN 10536 - Lebensmittelhygiene für das Cook & Chill-Verfahren << sicherlich maßgeblich beigetragen, die hier inhaltlich doch so einiges geklärt und damit auch etwas mehr Licht ins Dunkel gebracht hat. 


Also alles gut in Sachen Cook & Chill, und keine offenen Fragen mehr?

Nicht ganz, denn eine der gewichtigen Fragen die immer wieder auftaucht ist die, wie lange denn Produkte/Speisen aus der Cook & Chill-Produktion heraus eigentlich jetzt genau lagerbar und damit zwangsläufig auch ausgabefähig sind? Welche Fristen können/müssen also im Zusammenhang damit und von hygienisch, mikrobiologischer Produktbeschaffenheit angesetzt werden?


Schauen wir hierzu zunächst auf die DIN 10536, wo sich unter “4. Beschreibung des Verfahrens“ - auszugsweise, bzw. sinngemäß - folgendes findet.

Cook & Chill-Produkte sind gegenüber mikrobiologischen Kontaminationen besonders empfindlich. Zur Vermeidung einer möglichen Keimvermehrung im Produkt müssen sie strikt getrennt, von anderen Produkten bei Kühllagerung von 3 °C geschützt werden. Mikrobiologische Forderungen sind, dass es gilt die Keimvermehrung im Produkt zu verhindern, was bei einer Lagerung von < 3 °C gegeben ist. Die Angabe „bis zu 72 Stunden“ Lagerzeit, leitet sich als Erfahrungswert aus vielen durchgeführten und in der Fachpresse/-literatur veröffentlichten prozessbegleitenden Untersuchungen zur Stabilität von C&C-Produkten ab. Grundlage ist also ein Ermittlungswert.

Die Norm verweist darauf, dass die Lagerzeit der Produkte zwar produktspezifisch variieren kann. Grundsätzlich wird jedoch wegen der besonderen Empfindlichkeit der Lebensmittel gegenüber Kontamination und Keimvermehrung und noch vorhandener Enzymaktivitäten in den Lebensmitteln eine maximale Lagerzeit von 3 Tagen empfohlen.

Im Weiteren wird darauf verwiesen, dass eine Verlängerung der Lagerzeit aus Gründen der mikrobiologischen Sicherheit nach Risikoabschätzung nur durch vorgeschaltete Produktuntersuchungen zur Ermittlung der mikrobiologischen Stabilität und in der Regel unter Anwendung zusätzlicher Konservierungsmaßnahmen (z. B. Verpacken unter Vakuum oder Schutzgas) möglich ist.

Kurzum; es ist dem Lebensmittelunternehmer also grundsätzlich möglich, mit bestimmten Handlungsmöglichkeiten eine sichere Verlängerung der gekühlten Lagerzeit von Produkten - über 3 Tage hinausgehend - zu erreichen, bzw. diese sicher zu gestalten.

Ein weiterer Hinweis der DIN 10536 geht dahin, dass abweichend vom System des „offenen Cook & Chill“ bei Tablettportionierung oder in anderen Behältnissen einzelportionierten C&C-Speisen unter Verpackung, ggf. auch unter Schutzgas oder Luftentzug (Vakuum) eine längere Lagerzeit der Produkte bis zu 5 Tagen erreichen können.


Werfen wir nun noch einen Blick auf die >> DIN 10506 - Lebensmittelhygiene Gemeinschaftsverpflegung <<, wo sich ebenfalls unter Bezug auf Cook & Chill, folgender Inhalt findet: 

Speisen, die im Cook & Chill-Verfahren produziert wurden, sind aus mikrobiologischer Sicht bis zu 72 Stunden gekühlt lagerungsfähig.

Auch hier wird darauf verwiesen, dass eine Verlängerung der Lagerzeit aus Gründen der mikrobiologischen Sicherheit nach Risikoabschätzung bzw. nur unter Anwendung zusätzlicher Konservierungsmaßnahmen möglich ist.


Was können wir diesen Vorgaben und Empfehlungen im Fazit entnehmen?


Im Gegensatz zu Zeiten „vor einer DIN 10536“ bei dem es betriebliche Praxis war, im angewandten Verfahren von Cook & Chill neben den 3 Tagen Lagerungsdauer, hier zusätzlich auch noch die Zeiten, für vorweg den Produktionstag und sich anschließend den Ausgabetag, hinzuzurechnen gibt es heute keinerlei Auslegungen dahingehend.

Es gilt also die Dauer von max. 72 Stunden im Gesamtprozess der Lagerung anzulegen, welche ab dem Zeitpunkt zählt, ab dem das Cook & Chill-Produkt nach der Produktion final auf 3°C heruntergekühlt ist. Weiterhin zählt dann die Zeit im Gesamtprozess, in dem auch die Nachfolgeprozesse wie “Portionierung und Transport“, bis hin zum zeitlichen Start der Regenerierung, unter den Begriff „Lagerung“ einzuordnen sind.




Wer sich an die grundsätzlichen Empfehlungen der DIN 10536 bzw. 10506 hält, wer als LM-Unternehmer kein besonderes Risiko eingehen will, muss also wie folgt verfahren, wenn er den Lagerzeitraum über > 72 Stunden im Gesamtprozesses hinausgehend, sicher verlängern möchte:


Basis I: „offenes Cook & Chill-Verfahren“

Dezidierte Durchführung von (regelmäßigen) mikrobiologischen Untersuchungsreihen, um über Risikoeinschätzung der Ergebnisse (MO-Belastung der Speisen) sicherzustellen, dass die erforderlichen mikrobiologischen Kriterien - auch über 72 Stunden Lagerung hinausgehend (zeitlich beschränkt bis max. 5 Tage) - eingehalten werden können.

Der Nachweis aus den Untersuchungen, den Ergebnissen daraus, ist durch den LM-Unternehmer umfänglich zu führen, bzw. ggü. der Lebensmittelüberwachungsbehörde (LMÜ) zu erbringen.


Basis II: „geschlossenes Cook & Chill-Verfahren“

Hier wird das offene Cook & Chill-Verfahren entweder gänzlich durch das geschlossene Verfahren ersetzt und/oder dieses zumindest i.T. um solche Verfahren ergänzt, mit zusätzlicher Konservierung und/oder Verpackung.


Diese Verfahren können u.a. wie folgt aussehen:




Wichtig weil Grenzwertsteuernd  die MIKROBIOLOGIE

Ungeachtet der Art der spezifischen Ausdifferenzierungen bei solchen entkoppelten Produktionen. Der LM-Unternehmer hat stets und für alle seine Lebensmittel die die Küche verlassen zu gewährleisten, dass dafür die erforderlichen mikrobiologischen Kriterien entlang den Vorgaben eingehalten werden. D.h., es dürfen von seinen Produkten keine Risiken für die Gesundheit des Menschen ausgehen. 

(Siehe Inhalte und Vorgaben unter Verweis auf: Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel)


Mikrobiologische Kriterien sind beim Einsatz von entkoppelten Produktionsverfahren und deren daraus stammenden Produkten im Besonderen zu beachten, weil daraus eben - über die Art der Produktion und über die längere Lagerdauer der LM hinweg - grundsätzlich nochmals deutlich höhere Risiken für eine MO-Verkeimung in LM/Produkten erwachsen.

Deshalb müssen vom LM-Unternehmer beim systemischen Einsatz von entkoppelten Produktionsverfahren, immer und im jedem Falle - sowohl über das offene wie auch über das geschlossene C&C-Verfahren hinweg - regelmäßige MO-Untersuchungsreihen gefahren werden. Zum einen dient das dem LM-Unternehmer selbst zur Verifizierung darüber ob sein Produktionsverfahren sicher funktioniert und auch die Produkte daraus sicher sind. 

Zum anderen sind solche Analysen unter Cook & Chill deshalb obligat, weil ggü. der LMÜ ohnehin der Nachweis zu führen ist, dass die Produkte im Ergebnis den erforderlichen mikrobiologischen Kriterien zum Abgabezeitpunkt hin entsprechen.

Möchte man als LM-Unternehmer über die benannten “3 bis max. 5 Tage Lagerdauer“ hinweg das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) seiner Produkte sicher verlängern, braucht es nochmals deutlich mehr Aufwand. Dann nämlich sind spezifisch angelegte, jedoch auch deutlich kostenintensivere MO-Analysen erforderlich, mit MHD-relevanten Untersuchungsreihen bei den Produkten. Allerdings ist es auch hier nicht mit einer Einmaligkeit getan, müssen regelmäßige Untersuchungen durchgeführt werden.

Dass sich daraus jedoch ein deutlicher Mehrwert ergeben kann, zeigt die Lebensmittelindustrie. Unter stringentem Bestprozess und Einsatz von höchsten Standards, über geschlossene Cook & Chill-Produktion ist es möglich, für Produkte ein MHD mit > 21 Tage in Kühllagerung zu erreichen.

Ein Beitrag von Wilfried Hötzer, Teamleiter Fachberatung Verpflegungsmanagement der P.E.G. Servicegesellschaft mbH.