UPDATE VERPACKUNGSVERORDNUNG
Ein vorläufiger Entwurf der EU-Kommission gibt einen Vorgeschmack darauf, wie die Verpackungsrichtlinie in eine europaweit gültige Verpackungsverordnung überführt werden soll (siehe Download unten). Gemeinsam mit unseren Kollegen von der Pro-S-Pack haben wir die wichtigsten Punkte für die Vendingbranche analysiert.
Ziel der Verordnung ist es, den Flickenteppich unterschiedlicher nationaler Verpackungsgesetzgebungen zu harmonisieren und die Kreislaufwirtschaft zu stärken. Aufgrund zunehmender unterschiedlichen Kennzeichnungsvorschriften in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten erscheint dieses Ziel zunächst löblich.
Überdies enthält der Entwurf jedoch für den Zeitraum ab 2030 auch weitere Produktverbote und verpflichtende Ziele für Mehrweg und Nachfüllung, die tief in die Berufsfreiheit der Food-Service Verpackungskette einschneiden. Würden alle Vorschläge der Kommission tatsächlich zu geltendem Recht in Europa angenommen, dürfte es den Markt für Serviceverpackungen, wie wir ihn heute kennen, nicht mehr geben.
Der Verordnungsvorschlag sieht als Rechtsgrundlage nur Artikel 114 des EU-Vertrags über die Rechtsangleichung im Binnenmarkt vor. Damit wird ausgeschlossen, dass EU-Mitgliedsstaaten strengere oder weitergehende Regelungen als die in der EU-Verordnung umsetzen dürfen. Ein Bezug auf Artikel 192 des EU Vertrages, der strengere nationalstaatliche Vorschriften aus Gründen des Umweltschutzes ermöglicht hätte, wird nicht hergestellt. Details der verschiedenen Regelungen soll die EU-Kommission in delegierten Rechtsakten konkretisieren.
Das Verbot betrifft Einwegverpackungen, unabhängig vom Material (Kunststoff, Papier, Verbundwerkstoffe usw.), die innerhalb der Räumlichkeiten im HORECA-Sektor abgefüllt und verzehrt werden. Zu den Räumlichkeiten gehören: alle mit Tischen und Hockern ausgestatteten Essbereiche innerhalb und außerhalb einer Betriebsstätte, Stehplätze und Essbereiche, die den Endverbrauchern zum Verzehr von Speisen und Getränken angeboten werden.
In Ziffer 65 wird zumindest eine positive Ökobilanz als Ausnahmegrund genannt: „Regarding food and beverages filled and consumed within the premises in the HORECA sector, the use of single use packaging should not be allowed. At the same time, single use options may be still used where it is beneficial from the life-cycle perspective.“
Bis 24 Monate nach Inkrafttreten dieser Verordnung müssen Teebeutel, Filterkaffeekapseln, die zusammen mit den gebrauchten Kaffeeprodukten entsorgt werden, an Obst und Gemüse angebrachte Klebeetiketten und sehr leichte Kunststofftragetaschen unter industriell kontrollierten Bedingungen in Bioabfallbehandlungsanlagen kompostierbar sein. Alle anderen kompostierbaren Kunststoffverpackungen sollen verboten werden.
In Art. 8 Nr. 6 schafft die Kommission Raum für Erweiterungen der Liste von Verpackungen aus kompostierbaren Kunststoffen, soweit dies aufgrund technologischer und rechtlicher Entwicklungen, die sich auf die Entsorgung kompostierbarer Kunststoffe auswirken, gerechtfertigt und angemessen sei.
Verbot für Einzelportionspackungen
... für Produkte wie Saucen, Milch und Zucker in der Gastronomie sollen verboten werden, ebenso Hotelgrößen von Kosmetik-, Hygiene- und Körperpflegeprodukten.
Verminderungsziele
Die Mitgliedsstaaten sollen verpflichtet werden, das jährliche Pro-Kopf-Aufkommen an Verpackungsabfall zu senken:
um fünf Prozent bis 2030,
um zehn Prozent bis 2035
und um 15 Prozent bis 2040.
Vergleichsbasis sind die Mengen im Jahr 2018. Die EU-Kommission soll diese Vermeidungsziele acht Jahre nach Anwendungsbeginn der Verordnung überprüfen und gegebenenfalls einen Änderungsvorschlag vorlegen.
Mindestgehalt für Recyclingmaterial aus Post-Consumer-Abfällen
Der Entwurf enthält verbindliche Mindestgehalte für Recyclingmaterial aus Post-Consumer-Abfällen für Verpackungen aus Kunststoff, die ab 2030 bzw. 2040 gelten sollen.
Dabei sind vorgesehen:
für Kunststoffverpackungen in „kontaktsensiblen“ Einsatzbereichen – wie zum Beispiel Lebensmittelverpackungen – Mindestgehalte von 25 Prozent ab 2030, 50 Prozent ab 2040. Die Regelung ist gerade deshalb fragwürdig, weil ausgerechnet die europäischen Lebensmittelbehörden den Einsatz von Rezyklaten im Einsatz für Lebensmittelverpackungen durch strenge Vorgaben verhindern.
für Einweg-Getränkeflaschen 50 bzw. 65 Prozent
und für alle anderen Kunststoffverpackungen 45 bzw. 65 Prozent.
Die EU-Kommission soll die Befugnis erhalten, diese Mindestanteile durch einen delegierten Rechtsakt zu ändern, wenn dies aufgrund mangelnder Verfügbarkeit spezifischer Rezyklate oder überhöhter Preise erforderlich ist. Sie soll laut dem Entwurf ebenfalls befugt werden, Mindestrezyklatanteile für andere Verpackungsmaterialien festzulegen, wenn entsprechendes Potenzial nicht ausreichend ausgeschöpft wird.
Bei der Definition des Begriffs „Kunststoff“ wird in Ziffer 44 Bezug genommen auf Formulierungen aus der SUPD: a polymer „which is capable of functioning as a main structural component of packaging, with the exception of natural polymers that have not been chemically modified“. Sollte dies so bleiben, würden die Rezyklat-Einsatzquoten auch für den Kunststoffanteil für Beschichtungen von Papierverpackungen gelten.
Ziele für Mehrweg und Nachfüllung in bestimmten Segmenten
Der Entwurf sieht verbindliche Mindestanteile für Mehrwegverpackungen und Nachfüllsysteme ab 2030 vor, die 2040 weiter angehoben werden. Für die Wiederverwendung oder Nachfüllung muss ein entsprechendes System bestehen.
Zu den betroffenen Produkten gehören:
Kalt- und Heißgetränke zum Mitnehmen, die am Point of Sale abgefüllt werden (30 Prozent ab 2030, 95 Prozent ab 2040)
Fertiggerichte zum Mitnehmen (20 Prozent ab 2030 bzw. 75 Prozent ab 2040)
alkoholische Getränke mit Ausnahme von Wein und Spirituosen (20 bzw. 75 Prozent)
und alkoholfreie Getränke (20 bzw. 75 Prozent)
In einem Schreiben an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen fordert CEPI, der europäische Dachverband der Papierindustrie, eine ausgewogene, verhältnismäßige und durchsetzbare Regelung ein. Die Mehrwegregelungen würden dazu führen, dass ein erheblicher Teil der recyclingfähigen Papier- und Kartonverpackungen durch fossile Alternativen ersetzt würden, kritisiert CEPI. Der Verband fordert Verpackungen, die eine hohe Recyclingquote erreichen, von der Wiederverwendungspflicht auszunehmen. Die Mehrwegziele schadeten der Umwelt und dem Gesundheitsschutz und seien eine existenzielle Bedrohung für Teile der Papierverpackungsbranche.
Pfandsystem
In ganz Europa sollen Pfandsysteme für Einweg-Getränkeflaschen aus Kunststoff und Einweg-Metallbehältern für Getränke mit jeweils bis zu drei Litern Inhalt, die spätestens am 1. Januar 2028 in Betrieb gehen sollen, eingeführt werden. Ausgenommen von dieser Pflicht sind Behälter für Wein, Spirituosen, Milch und Milchprodukte. Mitgliedstaaten, die in den zwei Jahren vor Inkrafttreten der Verpflichtung eine Sammelquote von mehr als 90 Gewichtsprozent der entsprechenden Gebinde erreichten, können auf die Einführung des Pfands verzichten. Welche Mindestanforderungen die jeweiligen Pfandsysteme erfüllen müssen, legt ein Anhang des Entwurfs fest.
Die Mitgliedstaaten müssen außerdem „anstreben“ („shall endeavour to establish and maintain”), Pfandsysteme für andere Verpackungsformate wie Einweg-Glasflaschen, Getränkekartons und für Mehrwegverpackungen zu schaffen. Für Endverbraucher soll die Rückgabe von Mehrwegverpackungen ebenso bequem sein wie die Rückgabe vergleichbarer bepfandeter Einwegverpackungen.
Vollständige Recyclingfähigkeit ab 2030
Spätestens 2030 sollen alle Verpackungen in der EU vollständig recycelbar sein. Kriterien für das „Design for Recycling“ von Verpackungen soll durch Umsetzungsrechtsakte der Kommission näher konkretisiert werden.
Gemeinsam mit der PRO-S-PACK steht der BDV im Austausch mit anderen Verbänden und Stakeholdern. Ziel: Eine ideologiefreie und wirtschaftsfreundlichere Umsetzung des Vorhabens. Wir halten Sie über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden.
Quelle: Pro-S-Pack
Ein Beitrag des BDV - Bundesverband der Deutschen Vending-Automatenwirtschaft e.V.