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Caterer sind bei öffentlichen Ausschreibungen mit unrealistischen Forderungen und Dumpingpreisen konfrontiert
Eine gesunde Verpflegung ist für die Entwicklung von Kindern entscheidend, Verpflegungsanbieter tragen mit ihrem Angebot an vollwertigen Mahlzeiten somit eine große Verantwortung.
Umso erschreckender ist es, wie oft Caterer bei öffentlichen Ausschreibungen mit unrealistischen Forderungen und Dumpingpreisen konfrontiert werden. Die Ausschreibungen für die Auftragsvergabe enthalten keine einheitlichen Kriterien und werden häufig von branchenfremden Personen erstellt. Aktuell entsteht ein System, das die Qualität untergräbt und professionelle Anbieter an ihre wirtschaftlichen und organisatorischen Grenzen bringt.
Herausforderungen in der Ausschreibungspraxis: Was Caterer heute leisten sollen
Bei einem von Stefan Lehmann, Gründer und Geschäftsführer der LEHMANNs Gastronomie, initiierten Branchentreffen Anfang 2025 tauschten sich Caterer aus NRW sowie VertreterInnen verschiedener Institutionen aus. Während des Treffens wurde auch über unrealistische Forderungen in Ausschreibungen gesprochen, wie beispielsweise, dass die Caterer auch die Reinigung der Schülertoiletten in der Mensa verantworten müssen. „Wir sind sogar bereit, das zu übernehmen. Aber die Anforderungen zeigen den Irrsinn, den wir mitmachen“, so ein Teilnehmer.
Die folgenden Beispiele aus Ausschreibungen und Leistungsverzeichnissen zeigen, mit welchen unrealistischen Forderungen sich Caterer aktuell konfrontiert sehen:
In der täglichen Vergabepraxis zeigt sich zunehmend, dass viele Ausschreibungen Anforderungen enthalten, die über die eigentliche Leistungserbringung der Caterer hinausgehen. So wird häufig die kostenfreie Bereitstellung, Reinigung und Wartung von Geräten gefordert, die für die Regeneration von Speisen in den Einrichtungen notwendig sind. Dabei ist die Anschaffung und Unterhaltung technischer Ausstattung nicht Teil der Kernkompetenz von Cateringunternehmen, deren Fokus auf der Speisenzubereitung und -lieferung liegen sollte. Die angesetzten Verpflegungspauschalen lassen für solche Zusatzleistungen kaum wirtschaftlichen Spielraum.
Auch die Logistik wird durch einige Vorgaben erheblich erschwert. Beispielsweise verlangen manche Einrichtungen die tagesgleiche Abholung der genutzten Gastronormbehälter und Speisereste. Eine Regelung, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch fragwürdig ist, da sie mit erhöhtem Transportaufwand und doppelten Fahrten einhergeht.
Weitere große Herausforderung ist der wachsende Anteil der geforderten Speisen in Bio-Qualität. Steigende Bioquoten und entsprechend höhere Wareneinsätze stehen nicht im Verhältnis zu den Essenspreisen. Außerdem fehlt es an nachhaltiger Kontrolle durch den Auftraggeber, dass zugesagte Bioquoten auch eingehalten werden.
Zudem wird vereinzelt der Einsatz von fair gehandelten Produkten gefordert, was grundsätzlich zu begrüßen ist. In der Praxis beschränkt sich das jedoch häufig auf Kaffee, Schokolade oder Bananen. Produkte, die in der Schulverpflegung kaum oder nicht verwendet werden bzw. deren Einbindung bei den derzeit marktüblichen Preisen nicht wirtschaftlich darstellbar ist.
Ein weiteres Beispiel für problematische Praxis ist die Bewertung von Angeboten anhand von Probeessen. Diese erfolgen nicht selten ohne einheitliche Bewertungsmaßstäbe und mit wechselnden Jurys, sodass eine objektive Vergleichbarkeit der Anbieter nicht gewährleistet ist.
Besondere Anforderungen ergeben sich auch im Bereich der Sonderkostformen. So wird oftmals erwartet, dass allergikergeeignete Mahlzeiten zum regulären Preis bereitgestellt werden. Da deren Herstellung jedoch deutlich höheren Aufwand mit sich bringt, wären hierfür differenzierte Preismodelle notwendig.
In manchen Ausschreibungen wird die Ausweisung von Nährwerten gefordert, obwohl dies rechtlich nur für verpackte Lebensmittel verpflichtend ist und z.B. auch von der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) nicht gefordert wird. Durch eine individuelle Zusammenstellung der Speisekomponenten sowie eine einrichtungsbezogene Kalibrierungsgröße der Speisen ist eine Nährwertberechnung gar nicht möglich.
Oft wird die Abbestellung von Essen noch am Belieferungstag gefordert. Dies ist in der Praxis nicht umsetzbar, da die Lebensmittel im Vorfeld bereits eingekauft und zubereitet wurden. Diese geforderte Abbestellung kann somit nicht mehr umgesetzt werden.
Nicht zuletzt stellt die logistische Verteilung innerhalb von Einrichtungen eine zentrale Herausforderung dar. Die Anforderung, Speisen in kleinsten Mengeneinheiten auf mehrere Gruppen aufzuteilen, führt zu zusätzlichem Materialbedarf, erschwert den Transport und birgt Risiken für die Einhaltung vorgeschriebener Temperaturen.
Gemeinsam Verantwortung übernehmen
Damit Kinder in Kitas und Schulen täglich eine gesunde, hochwertige Mahlzeit erhalten, braucht es mehr als gute Absichten: Es braucht faire, realitätsnahe Ausschreibungen und eine höhere Bereitschaft, Qualität angemessen zu honorieren. Wenn wir wollen, dass Ernährung ein integraler Bestandteil guter Bildungsarbeit ist, müssen Politik, Träger und Fachleute an einem Strang ziehen.
Stefan Lehmann engagiert sich seit Jahren für bessere Rahmenbedingungen in der Kinder- und Schulverpflegung. Sein Ziel: bundesweit einheitliche Qualitätsstandards, die Planungssicherheit schaffen und faire Bedingungen für alle Beteiligten ermöglichen. Dabei ist für ihn klar, dass nachhaltige Verbesserungen nur im Schulterschluss gelingen können.
Das gemeinsame Ziel: Verbesserte Rahmenbedingungen, ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis und die tägliche Versorgung von Kindern mit gesundem, hochwertigem Essen.
Es grüßt euch das Team von
LEHMANNs Gastronomie
Ein Beitrag von LEHMANNs Gastronomie